Teil 35 meiner 90-Tage-Challenge. Dieses Bild habe ich vor drei Tagen, am Samstagabend, gezeichnet. Meine Frau war im Internet auf einen felsigen Platz mit schöner Aussicht auf die Medina samt Ausblick auf den Atlantik gestoßen. Wir wussten zwar nur so ungefähr, wo diese Aussicht sein musste, fanden die Stelle aber ohne Umwege. Da der Fels hier eine ganz eigentümliche, wellige Oberfläche hat (in den vor Jahrhunderten auch Gräber geschlagen wurden, die natürlich immer noch als Vertiefungen sichtbar sind) wusste wir sofort, dass wir an der richtigen Stelle waren. 

Und in der Tat: von hier auch bietet sich ein fantastischer Blick praktisch an der Außenseite der Kasbah / Medina entlang, im Hintergrund marokkanische Küstenabschnitte, dazwischen und links der tiefblaue Atlantik. Ach ja, und bei der perfekten Sicht, die wir hier immer wieder haben, ist auch das spanische Festland mit Tarifa zu sehen, dafür schaut man dann direkt übers Wasser. Diesen Blick über das Wasser erlebe ich als sehr bewegend: einerseits diese große Nähe zum europäischen Kontinent und andererseits eben doch die Trennung, die die nur gut 30 km breite Meerenge bis zu Tarifa ausmacht.

100 Meter vor der besagten Felsenstelle kamen wir an einem riesigen Gelände eines Cafés / Restaurants vorbei – ich bin mir sicher, dass es in Köln keinen vergleichbar großen Biergarten o.Ä. gibt –, das bei unserer Ankunft zwar recht gut besucht war, aber als wir ca. 1,5h auf dem Rückweg wieder daran vorbeikamen, proppevoll war. Der Felsplatz, der außerhalb der städtischen Bebauung liegt, füllte sich ebenso mit der Zeit.

Flow beim Zeichnen

Ich habe recht schnell »mein« Motiv gefunden, habe mich eingerichtet und mit Zeichnen begonnen. An diesem Abend habe ich mich rasch in einen Flow gezeichnet – das Bild ging mir sehr einfach von der Hand – und ich habe vor lauter entspannter Konzentration praktisch nichts von meiner Umgebung mitbekommen.

Das beliebte Felsplateau füllte sich, wie zuvor erwähnt, mit immer mehr Menschen und daher schauten mir auch immer mal wieder Interessierte über die Schulter. Das habe ich aber praktisch nicht mitbekommen.

Austausch über mein Bild

Ich bin auch wieder angesprochen worden: ob er mir über die Schulter schauen dürfe und ob ich nach der Realität zeichnen würde. So habe ich es mit meinem doch stark eingerostetem Französisch verstanden. War aber auch egal. Denn was ich immer mehr lerne, dass es bei diesen Arten Gesprächen, genau wie bei Small Talk übers Wetter, gar nicht auf den Informationsgehalt ankommt, sondern auf Sympathie, Wertschätzung und einfach freundlich sein. Der Interessierte kannte sich auch soweit aus, dass er wusste, dass ich mit Aquarellfarben male – und er wollte wissen, wo die Palmen sind, die ich skizziert habe. Diese Frage habe ich als irritierend erlebt, weil ich die Szenerie genau so vor Augen hatte, er das aber wohl so nicht erkennen konnte. Vielleicht hat ihm aber auch meine eher abstrakte Herangehensweise irritiert? 

Wie auch immer: auf die möglichst realitätsnahe Wiedergabe kommt es mir ja ohnehin nicht an. Und leider war der Fragende, von dem ich nicht einmal sagen könnte, ob er Marokkaner oder Tourist war, genauso schnell wieder weg, wie er über meiner linken Schulter aufgetaucht war.

Übrigens setzte sich während der Arbeit an dem Bild eine größere Familie genau in meine Blickrichtung – dabei war die Einschränkung meiner Sicht glücklicherweise nur minimal. Außerdem: bei den vielen, vielen überaus freundlichen Begegnungen mit Marokkaner*innen hätte ich – wenn es denn nötig gewesen wäre – auch darum bitten können, etwas zur Seite zu rutschen. Learning für mich dabei: beim Suchen nach einem Platz auch darauf achten, dass die Sicht nicht versperrt werden kann ;-)

Schließlich war ich fertig geworden und meiner Frau und mir war durch das Sitzen auf Felsen und auch durch den stetigen leichten Wind vom Atlantik her tatsächlich frisch geworden. Ich glaube, das war seit den eineinhalb Monaten, die wir nun schon unterwegs sind, das erste Mal, dass uns fröstelte. Und das in Afrika ;-)

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