Am vergangenen Donnerstag Nachmittag / Abend und Freitag Vormittag war ich beim Online-Barcamp »Reboot VHS« (vhsimkreisherford.de/vhs-digital/vhsbarcamp-2020-online/infos). Es ging um Fragen wie: Wie geht es in Corona-Zeiten mit Weiterbildung weiter? Da ich seit einem Jahr als Dozent für InDesign, Illustrator, Photoshop und WordPress an der VHS Köln tätig bin, betrifft mich das Thema selbst. Aber ich war auch interessiert, wie die rein digitale Durchführung eines Barcamps klappen würde. Jedenfalls las sich die Einladungsmail, die ich Wochen vor dem Termin von der Kölner VHS erhielt, sehr spannend und so habe ich mich dann irgendwann – für 25€ – angemeldet.
Für mich war es nach dem WordCamp ’16 in Köln das zweite Barcamp überhaupt und das erste, das online durchgeführt wurde. Sprich: ich habe vier Jahre einen Bogen um Barcamps gemacht, obwohl mich immer mal wieder eins angelacht hat. Ich habe nämlich seit langem den Newsletter von Jan Theofel abonniert (barcamp-liste.de), bin also immer auf dem Laufenden – aber irgendwie war es mir dann doch nie so wichtig, ein Barcamp tatsächlich zu besuchen. Da kam mir das digitale Format des RebootVHS-Barcamps ganz gelegen. Und um es vorweg zu nehmen: es war super! Und ich werde ganz sicher nicht wieder vier Jahre bis zum nächsten Barcamp verstreichen lassen!
Super: die Barcamp-Orga
Der Einladungsmail und auch der offiziellen Webseite war nicht so ganz viel zu entnehmen. Wie viele Sessionslots gibt es? Wie viele Teilgeber werden erwartet? Einerseits hätte ich mich über diese Vorabinfos gefreut, aber andererseits hat es mich neugierig gemacht – und letztlich ja auch nicht davon abgehalten, teilzunehmen. Und: Ich hatte keine Vorstellung, wie das Verhältnis von Festangestellten und Freiberuflern wie mir sein würde.
Donnerstag, 13:00 ging’s dann los. Das gewählte Tool für das gesamte Barcamp war: Zoom – der derzeitige Platzhirsch unter den Videokonferenzlösungen. Und obwohl ich einige Vorbehalten gegen Zoom habe: die Zuverlässigkeit über das gesamte Barcamp und der grandiose Featureumfang von diesem Tool sind schon bemerkenswert!
Kurz nach Beginn waren wir dann etwa 18o Teilgebende (das ist sozusagen die offizielle Bezeichnung für die Teilnehmenden eines Barcamps – und war mir neu). Und diese Wortwahl finde ich sehr gut, macht sie doch klar, dass es erstmal keinen Unterschied macht, ob Du als Teilnehmer*in einen Talk hälst oder »nur« daran teilnimmst: Du bist Teil der jeweiligen Barcamp-Community. Und genau um dieses Community-Feeling ging es dann auch, als David Roethler, der maßgeblich durch das gesamte Barcamp führte, die Teilgebenden in Breakout-Räume mit jeweils einer handvoll Personen per Zufall zusammenwürfelte. Die Idee dahinter: einfach ins Gespräch kommen! Denn die Zeit für diese kleinen Kennenlernrunden war knapp und lief erbarmungslos in einem rückwärtslaufenden Timer ab: wir hatten pro Runde immer nur einige Minuten, um uns auzutauschen. Das hatte seinen eigenen Reiz, denn so lernte ich in kurzer Zeit viele neue Gesichter aus ganz Deutschland kennen – und das Eis war durch dieses Entré ins Barcamp gebrochen. Bei diesen Austauschrunden dämmerte es mir dann auch, dass die meisten der Teilgebenden HPMs waren – und keine Kursleiter.
Nach einer Dreiviertelstunde kamen wir alle wieder in den großen Zoomraum, das Plenum: die Sessionplanung startete um 14:00. Neben David hat Nina Oberländer super Arbeit geleistet und die beiden haben als Dreamteam in aller Ruhe auf dem spannenden Tool mural.co den Sessionplan erstellt. Mural ist ein Tool, das in meinem Umfeld zwar immer mal wieder auftauchte, mit dem ich mich aber noch nicht ernsthaft beschäftigt habe. Das dauerte etwa eine Stunde, dann hatten David und Nina nach Kurzvorstellung und Abstimmung über die eingereichten Talks die gut zwanzig Sessions auf sieben Zoom-Räume verteilt und in eine Google-Tabelle mit kompletten Links zu den Räumen und – besonders spannend für mich – Pads eingefügt. Für mich waren auch diese Pads neu: das sind im prinzipiell einfache Textdokumente, die im Browser kollaborativ bearbeitet werden können. In die vorbereiteten Pads konnten die Teilgebenden die einzelnen Sessions dokumentieren. Super!
Die Sessions
Jede Session war – wie auch Barcamps wohl üblich – auf eine Dreiviertelstunde begrenzt, 15 Min Pause und dann: weiter zur nächsten Session. Bei sieben, acht Räumen und dementsprechend vielen gleichzeitigen interesanten Sessions hilft nur: Auswählen – und ggf. auch mal eine Session verlassen, um bei einer anderen vorbei zu schauen. Meine Wahl am Donnerstag für die erste Session fiel auf:
Interaktion und Kollaboration in Live-Online-Räumen
Um 15:00 bin ich dann in den entsprechenden Zoom-Raum gegangen. Das spannende Thema wurde entspannt von Maximilian Weber erläutert. Ich habe dabe eine ganz Reihe interessanter Tools und Konzepten kennen gelernt. Mal sehen, was ich davon selbst mal einsetze.
Sehr schön: wir wurden zwischendurch von Max aufgefordert, uns einen Gegenstand zu überlegen, der uns sozusagen bisher durch die Coronazeit geholfen hat. Und dann kam die Aufforderung, diesen Gegenstand in 2 Min zu holen und in die Kamera zu halten :) Eine prima Idee, um ins Gespräch zu kommen – aber noch wichtiger: die Teilnehmenden an einem Onlinekurs oder einer Konferenz mal körperlich zu aktivieren :)
Eine Session selbst anbieten?
Im Vorfeld der Veranstaltung konnten auch schon Sessions eingereicht werden. Die waren dann auch auf der Website einsehbar. So hatte ich schon einen gewissen Einblick in die Themen.
Ich habe mich dann entschieden, auch eine Session vorzuschlagen: Systemisches Konsensieren – ein alternatives Tool, wie in Gruppen Entscheidungen getroffen werden können. Mir war schon klar, dass das sozusagen etwas »am Thema vorbei geht«. Andererseits: Entscheidungen in Gruppen werden immer getroffen, egal ob während Corona, offline oder online. Und: was sollte schon mehr passieren, als dass sich niemand dafür interessieren würde. Und ich hatte für mich entschieden, dass ich mich auch mit nur einer anderen Person austauschen würde. Und als es dann soweit war, hatten sich eine handvoll Interessierte eingefunden.
Ich hatte anfangs meiner Session kurz erklärt, dass ich das Systemische Konsensieren aus der Arbeit in einer NGO kenne. Ganz spannend für mich: eine Kollegin fragte dann im Chat nach, welche NGO das sei. Und als ich dann meinte, ich würde mich bei der Gemeinwohl-Ökonomie (ecogood.org) einbringen, war ihre Reaktion, dass sie selbst das SK aus der GWÖ kenne :)
Die Technik hatte ich lange nicht so im Griff, wie ich es mir gewünscht hatte, aber die wohlwollenden Teilgebenden haben es mir netterweise nachgesehen. Letztlich war die Session für mich eine wertvolle Erfahrung: daher auch an dieser Stelle noch ein herzliches Danke an die Teilgebenden meiner Session!
Qualität in Onlinekursen
Diese Session wurde von Alex Ries angeboten. Ich hatte mir etwas ganz anderes unter dem Thema vorgestellt, als das, was dann kam. Ich war nämlich davon augegangen, dass es eher um Konzepte und Überprüfbarkeit von Qualität gehen würde. Alex legte aber den Schwerpunkt mehr auf die technische Seite von Onlinekursen: Kamera, Licht, Mikro, Deko und Ausleuchtung des Raums. Das fand ich aber auch interessant, zumal sich dabei auch Diskussionen über das Verhältnis von technischem (und dem damit verbundenen finanziellen) Aufwand und dem didaktischen Anspruch entwickelten. Alex verwies dabei immer wieder YouTube und die teils sehr professionell produzierten Videos dort, die er als große Konkurrenz zu VHS-Angeboten sieht. Dabei waren die Meinungen teils sehr unterschiedlich. Spannend!
Mittlerweile ging es auf 18:00 zu – und ich habe mich auf die einstündige Pause gefreut, bevor es dann in den lockeren Abendteil ging. Ich habe dann noch eine Weile beim sehr witzigen Quiz von Jendrik Peters mitgemacht, bin dann aber irgendwann ausgestiegen – die vielen Eindrücke des Nachmittags machten sich allmählich in Müdigkeit bemerkbar.
Tanz in die VHS-Cloud
Am Freitag hatte ich das Speeddating verpasst – irgendwie hatte mich die entsprechende Info, dass es um 9:00 starten sollte, nicht erreicht. Egal – ich schlug erst später zur Sessionplanung für den Freitagvormittag in Zoom auf. Um 10:00 bin ich dann in die Session von Jendrik zum o.g. Thema gegangen. Er berichtete von einer Veranstaltung, die er kürzlich mit Kolleg*innen zum Kennenlernen der VHS-Cloud organisiert hatte. Auch hier wieder neue Infos für mich – bin jetzt motiviert, mich ernsthaft mit diesem Tool zu beschäftigen. Da zeitgleich eine andere Session stattfand, die mich sehr interessierte, habe ich dann mittendrin gewechselt:
Gestaltung von Online-Barcamps
Von diesem Thema, von Roberto di Bella vorgeschlagen, habe ich etwa die zweite Hälfte mitbekommen: ein Blick hinter die Kulissen des gerade laufenden Barcamps. Nina berichtete von Ihren Erfahrungen und Eindrücken. Insgesamt herrschte quasi eine Aufbruchstimmung – ich bin gespannt, wer demnächst selbst noch Barcamps veranstaltet :)
Trennung von Beruf, Privatisierung und Digitalisierung
Und noch eine Session von Jendrik. Ein Thema, das uns praktisch alle angeht: wie gelingt die Trennung von Beruf von Privatem? Ist diese Trennung überhaupt noch gewollt? Welche Ansätze haben sich bewährt? Hierbei gab es viele Wortmeldungen und dabei wurde deutlich, dass es nicht die eine Lösung für alle gibt. Vielmehr versucht jede*r, sein*e eigene Lösung für die Anforderungen des modernen, technisierten Lebens zu entwickeln.
Für mich übrigens vollkommen undenkbar: die Praxis, auf dem Handy E-Mails als Push-Nachrichten zu erhalten. Ich rufe E-Mails nur in absoluten Ausnahmesituationen ab, sonst nur am Rechner. Und dann möglichst auch nur in relativ großen Zeitintervallen. Eigentlich ist mein Ziel, nur zwei Mal täglich E-Mails abzurufen. Und am Wochenende gar nicht. Das – muss ich zugeben – schaffe ich bisher überhaupt nicht. Aber ich geben die Hoffnung nicht auf: ich arbeite dran ;-)
Und für mich auch immer klarer: Zeiten, in denen keine Arbeitsthemen anstehen, sind extrem wichtig. Also weder Mails, Recherchen, Fachbücher – z.B. sonntags. Gelingt mir aber auch noch nicht ;-)
EDV-Kurse online gestalten
Meine letzte Session, die ich besucht habe, war ja genau mein Thema. Aber auch hier hatte ich mir etwas anderes vorgestellt: ich war davon ausgegangen, dass es Input aus der Praxis geben würde. Es wurde aber eher auf einer abstrakteren Ebene über die Herausforderungen EDV-Online-Kurse gesprochen. Und zwar eher seitens von den oben erwähnten HPMs.
Da ich mich beim Barcamp nicht als völliger Newbie outen wollte, habe ich, statt nachzufragen, die Suchmaschine meines Vertrauens angeschmissen: HPM steht für Hauptamtliche*r Pädagogische Mitarbeitende*r. Auch das nehme ich vom Barcamp mit ;-)
Bis zum nächsten Mal!
Nach der letzten Session gab es noch eine kurze Schlussrunde von 15 Min. Fazit: insgesamt super Atmosphäre, neue Kontakte, viel neuer Input zum Thema Digitalisierung der VHS und überhaupt zum »System VHS«! Fühle mich inspiriert und motiviert: vielen Dank an die super Orga und an alle Teilgebenden!
Ich freue mich aufs Wiedersehen – auf dem nächsten VHS- oder einem anderen Barcamp!!!
Karsten
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